Ja, ja, der Sommer 2014. Über ihn wird im Hinblick auf Gewitter und Dauerregen wenig Gutes berichtet werden. Doch mit dem richtigen Auto auf der richtigen Veranstaltung, und schon hatte selbst in diesem Sommer der Wettergott ein Einsehen.
Das Auto: Unser Lloyd Alexander TS von 1958 in der wunderschönen Farbe Koralle. Über Geschmack kann man sich ja bekanntlich streiten, aber das Auto löst immer wieder Diskussionen aus und uns gefällts. Der Lloyd kommt besonders gut bei den Damen an, die ein völlig anderes Farbempfinden haben als Männer. Kein Wunder, wenn doch Lippenstift, Schuhe, Kleid und Handtasche farblich aufeinander abgestimmt sind. Die Herren sehen die Farbe eher als unwürdig an, aber immer nur Schwarz und Silber ist einfach zu langweilig.
Unser Lloyd wurde in der Vergangenheit mal vor dem Schrottplatz gerettet und dann in verschiedenen Abschnitten restauriert. Der vorherige Besitzer hat zwar viel Geld in die Innenausstattung gesteckt, bei der Technik jedoch resigniert. So stand der Alexander lange in seiner Sammlung, ohne wirklich richtig zu laufen. Nach der Übernahme haben wir in 2012 die Technik umfassend durchsaniert: Erneuert wurden Auspuff, Reifen und Motorlager. Vergaser, Anlasser, Bremsen und Getriebe wurden überholt, die gebrochene vordere Blattfeder überarbeitet und noch viele kleinere Arbeiten erledigt. In diesem Jahr kam noch der Tausch der Antriebswellen gegen homokinetische Exemplare hinzu, kann man wirklich nur empfehlen.
Seit 2012 unternehmen wir mit dem Lloyd jeden Sommer eine größere Tour, meistens zusammen mit unseren Freunden und ihrem Goggo Cabrio. Ist zwar nicht original, aber auch ein feines Autochen. Die beiden Kleinen erregen bei jeder Ausfahrt viel Aufsehen und etliche Leute erzählen uns ihre ganz persönlichen Erlebnisse mit diesen Fahrzeugen. Da kommt fast kein Nobeloldtimer mit und das ist neben dem Fahrspaß die beste Seite an unserem Hobby.
Damit sind wir auch schon bei den für uns schönsten Veranstaltungen dieses Sommers, die beide innerhalb einer Woche stattfanden.
Mit unseren Freunden ging es auf wunderschönen Landstraßen zunächst zu den Golden Oldies nach Wettenberg. Dieses hessische Städtchen liegt in der Nähe von Gießen. Das Konzept des dort veranstalteten, wohl größten deutschen Oldtimerfestivals: Autos , Mode und Musik. Wir waren zum ersten Mal da und haben es nicht bereut. Die Mischung ist einfach unvergleichlich. Am letzten Juliwochenende kamen über 1.000 Oldtimer zusammen, die sich über den ganzen Ort verteilten. Dort herrscht dann Ausnahmezustand, denn nahezu die gesamte Bevölkerung macht mit. Hausbesitzer stellen diversen Oldtimerclubs ihre Einfahrten für deren Stände zur Verfügung. Überall werden große und kleine Bühnen aufgebaut, auf denen über 50 Bands auftreten. Natürlich dominiert die Musik der 50er und 60er Jahre, aber diese passt ja auch hervorragend zu unserem Oldtimerhobby.
Beeindruckend auch, wie viele der über 70.000 Besucher, die von Freitag bis Sonntag nach Wettenberg kamen, zeitgenössisch gekleidet waren. Die Damen trugen vor allem Pettycoats in allen möglichen Variationen, eine schöne Mode.
Mittendrin in dieser Zeitreise unser Lloyd und der Goggo
Da waren Sie auch wieder, die vielen Geschichten und Erlebnisse, die wir rund um unsere Autos zu hören bekamen. Und welch eine Überraschung, auch das Wetter spielte mit und bescherte uns ein wunderschönes Wochenende. Nass sind wir erst auf den letzten 20 km der Rückfahrt am Montag geworden. Der Lloyd lief ohne zu murren, jetzt müssen wir nur noch das Gerappel der Schaltstange in den Griff bekommen. Beim Goggo mussten wir zwischendurch eine Vergaserreinigung am Straßenrand vornehmen.
Kaum zuhause, begannen schon die Vorbereitungen für die nächste Großveranstaltung, den 9. Classic Days auf Schloss Dyck.
Die Geschichte des Wasserschlosses ist seit 1094 belegt. Es liegt in der Nähe von Jüchen, im Rheinkreis Neuss. Die Gebäude wurden und werden permanent saniert, die großen Parkanlagen und gegenüber liegenden Schilffelder (Miscanthusfeld) ziehen das ganze Jahr über viele Besucher an. Siebenmal waren wir schon dabei, immer mit Fahrzeugen der Borgwardgruppe und immer in der Klasse der Wirtschaftswunderautos, die der Veranstalter Lovely Heroes nennt. Auch die Classic Days bieten eine unvergleichliche Atmosphäre, wenn auch völlig anders als die Golden Oldies. Auf Schloss Dyck liegt der Fokus auf der Fahrzeugpräsentation und motorsportlichen Einlagen auf der eigens abgesperrten Rundstrecke. Begleitet wird das Ganze von tausenden von Gastoldtimern, die vor allem das Miscanthusfeld bevölkern. Hinzu kommt das Picknick im Schlosspark, an dem viele Besucher teilnehmen.
Die Classic Days finden traditionell am ersten Augustwochenende statt und starten freitags mit einer Ausfahrt, an der ein Großteil der gemeldeten Fahrzeuge teilnehmen. Wir standen mit unserem Lloyd plötzlich auf Platz 1 der Startaufstellung und wurden noch vor sündhaft teuren Nobelfahrzeugen als erstes auf die Strecke gewunken. Ein schönen Gefühl, mit einem Lloyd ein millionenschweres Starterfeld anzuführen. Natürlich wurde uns unterwegs gezeigt, dass wir mit 25 PS da vorne nichts zu suchen haben. Eigentlich schade, dass einige Teilnehmer den Sinn einer solchen Ausfahrt wohl nie verstehen werden und es mit der Beachtung der Verkehrsregeln auch nicht so genau nehmen. Dabei sollten wir uns doch freuen, unsere Fahrzeuge, gleich welcher Preisklasse, ohne Einschränkungen auf öffentlichen Straßen bewegen zu dürfen.
Der Veranstalter hatte eine wunderschöne Strecke über ca,.100 km gewählt und bei bestem Wetter kamen wir abends gut gelaunt zum Schlosspark zurück. Nach dem Einnehmen unsere Parkposition für die beiden kommenden Tage ging es zur Abendveranstaltung. Am nächsten Tag wurden die Classic Days dann offiziell eröffnet und bis zum Ende am Sonntag kamen über 30.000 Besucher.
Wir durften an beiden Tagen durch den Park fahren und unsere Autos wurden zusammen mit den Fahrzeugen der anderen Klassen von einem Sprecher dem Publikum vorgestellt. Der Lloyd erregte viel Aufsehen vor allem wegen seiner Farbe und in der Damenwelt. Mit dem Ausruf „Ach ist der süß“ war aber stets das Auto gemeint. Wir hörten auch hier immer wieder persönliche, zum Teil rührende Geschichten. Belustigend sind dagegen die Weisheiten, die selbsternannte Experten versuchen ihren Lieben zu vermitteln: „Der ist doch komplett aus Plastik“ oder „Borgward ist das Gleiche wie Wartburg“. Wir hören nur noch amüsiert zu. Zum Ausgleich gibt es aber auch viele kundige Besucher, mit denen man sich richtig gut unterhalten kann.
Obwohl am Samstag eine bedrohliche Gewitterfront heraufzog, blieb das Veranstaltungsgelände doch verschont. Wie durch ein Wunder zog das Gewitter dicht an Schloss Dyck vorbei und es gab nur einen ganz leichten Minutenschauer. Bis zu Veranstaltungsende am Sonntag hielt das Wetter, Petrus ist halt doch Oldtimerfan.
An beiden Tagen frühstückten wir neben unseren Fahrzeugen, am Sonntag kam Hans Joachim Stuck vorbei und wünschte uns guten Appetit.
So ging eine wunderschöne Woche mit tollen Erlebnissen zu Ende. Wirklich schlimm war der Sommer 2014 also gar nicht. Im kommenden Jahr wollen wir wieder an beiden Veranstaltungen teilnehmen und dabei das Haus Borgward würdig vertreten. Alexander hat ja auch noch Brüder und Schwestern.
Uschi & Gottfried Schwaner, Geilenkirchen